von Oliver Driver-Polke

Beim Arbeitszeugnis eines Bewerbers schaue ich eigentlich nur noch nach der Schlussformel.

Personalleiter

eines Mandanten

Warum über Arbeitszeugnisse streiten? Derartige Auseinandersetzungen sind regelmäßig emotional aufgeladen und haben für den Arbeitgeber keinen wirtschaftlichen Mehrwert. Wie der Arbeitgeber trotz wohlwollender Beurteilung zum Ausdruck bringen kann, dass er das Ausscheiden des Beschäftigten begrüßt, lesen Sie in diesem Beitrag.

Arbeitszeugnisse stellen für den Arbeitnehmer die „Visitenkarte“ für zukünftige Bewerbungen dar und sind für dessen berufliches Fortkommen von erheblicher Bedeutung. Im Zuge der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses wird daher regelmäßig der Wunsch nach einem möglichst wohlwollenden Zeugnis laut werden. Während mangelnde Erfahrungen und nicht erfüllte Aufgaben nicht attestiert werden dürfen, sind die haftungsrechtlichen Risiken bei der Ausstellung eines in der Bewertung „zu guten“ Zeugnisses überschaubar (Hofer/Hengstberger, NZA-RR 2020, S. 118), weswegen der wirtschaftlich denkende Arbeitgeber eine Auseinandersetzung über die Bewertung nur in den seltensten Fällen führen sollte.

Üblicherweise schließt ein Zeugnis mit einer Formulierung, die das Ausscheiden bedauert, dem Arbeitnehmer für seine Dienste dankt und diesem zugleich alles Gute für die Zukunft wünscht. Fehlt (mindestens) eine der drei Komponenten, dürfte der geneigte Leser stutzen und den Kandidaten kritischer hinterfragen.

Hier mag man im Extremfall sogar zur Streitvermeidung so weit gehen, die Bewertungswünsche des Arbeitnehmers zu übernehmen und dafür bei der Schlussformel „abzuspecken“. Umgekehrt sollten Arbeitnehmer darauf achten, dass die Schlussformel den Usancen entspricht und notfalls dafür Zugeständnisse beim Text gemacht werden.

Eine gewisse Unzufriedenheit kann der Arbeitgeber daher auch und in rechtlicher Hinsicht viel risikoloser durch Weglassen von Teilen der Schlussformel zum Ausdruck bringen:

Denn das BAG (Urteil vom 25.1.2022 – 9 AZR 146/21) hat kürzlich erneut bestätigt, dass der Arbeitnehmer auf Formulierungen wie „Wir danken dem Arbeitnehmer für die geleistete Arbeit und wünschen ihm für die Zukunft viel Erfolg“ zum Abschluss eines Zeugnisses keinen Anspruch hat. Denn das BAG sieht in der Dankes- und Wunschformel anders als manch ein LAG nicht nur eine bloße Höflichkeitsformel ohne Bezug zur Wirklichkeit. Daher verletze eine Pflicht des Arbeitgebers, Gefühle ausdrücken zu müssen, die er gegenüber dem ausscheidenden Mitarbeiter nicht empfindet, dessen Meinungsfreiheit.

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