Ein wirksamer Betriebsratsbeschluss setzt die ordnungsgemäße Zusammensetzung des Betriebsrats voraus. In der Praxis stellt sich bisweilen die Frage, ob ein Arbeitnehmer dem Betriebsrat noch angehört, oder ob seine Mitgliedschaft aufgrund eines wirksamen Rücktritts geendet hat. Dabei kann die Frage aufkommen, ob das Betriebsratsmitglied einen einmal erklärten Rücktritt anfechten kann, etwa weil ihm vorgespiegelt wird, dass der Rücktritt aus dem Betriebsrat für ihn positive Folgen haben würde.
Das Betriebsratsamt kann nach § 24 Nr. 3 BetrVG durch einseitige Erklärung gegenüber dem Betriebsratsvorsitzenden niedergelegt werden. Ob die Amtsniederlegung anfechtbar ist, ist höchstrichterlich bisher noch nicht entschieden.
Überwiegend wird die Anfechtung für unzulässig gehalten, da die Anfechtbarkeit des Rücktritts zu erheblicher Rechtsunsicherheit führen würde. Eine Anfechtung wirkt grundsätzlich rückwirkend und hätte daher die Unwirksamkeit von Beschlüssen zur Folge, die zwischen dem Rücktritt und dessen Anfechtung ohne Beteiligung des Betriebsratsmitglieds gefasst wurden. Die Rechtssicherheit hinsichtlich der Zusammensetzung des Betriebsrats ist daher von hoher Bedeutung.
Das LAG Hessen (Beschluss v. 8.10.1992 – 12 TaBV 21/92) entschied vor vielen Jahren gleichwohl, dass die Amtsniederlegung aufgrund arglistiger Täuschung oder Drohung anfechtbar sein kann. Zum einen sei denkbar, dass die Täuschung oder Drohung einen schwerwiegenden Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betriebsratsmitglieds darstelle und der Schutz des irrenden Betriebsratsmitglieds das Interesse an der Rechtssicherheit hinsichtlich der Zusammensetzung des Betriebsrats überwiege. Das LAG Hessen ging in der Entscheidung jedoch davon aus, dass der Rücktritt aus dem Betriebsrat solange anfechtbar sei, wie der Betriebsrat noch keine Beschlüsse gefasst hat. Dadurch sei die nötige Rechtssicherheit gewährleistet.
Für ein Betriebsratsmitglied besteht ohne Anfechtungsmöglichkeit faktisch keine Möglichkeit, sich gegen eine Täuschung im Zusammenhang mit seinem Rücktritt zu wehren. Eine Ausnahme für die Anfechtung bei arglistiger Täuschung mit der Einschränkung, dass keine Betriebsratsbeschlüsse gefasst wurden, stellt einen Kompromiss zwischen dem Verkehrs- und Bestandsschutz und dem Schutz des irrenden Mitglieds dar. Zwar muss grundsätzlich über die Zusammensetzung des Betriebsrats Klarheit herrschen, dies darf jedoch nicht dazu führen, dass ein durch Drohung oder Täuschung zur Amtsniederlegung bestimmtes Mitglied an seine Erklärung gebunden ist. Es spricht daher u.E. viel für die Auffassung des LAG Hessen aus dem Jahr 1992. Ob das BAG und/oder andere Landesarbeitsgerichte dem Folgen würden, ist indessen offen.
gemeinsam mit Amelie Adler (stud. iur)